Beckenendlage - Kaiserschnitt oder doch natürlich?
Im Aufnahmezimmer werde ich dann untersucht per Ultraschall. Beide Babys liegen noch immer mit dem Popo unten, die Plazenta liegt wirklich haarscharf an der Grenze. Ab einem bestimmten Abstand zum Muttermund „darf“ man natürlich gebären. Liegt sie zu nah am Muttermund, besteht die Gefahr, dass sie beschädigt wird und es zu starken Blutungen kommt. Man teilt mir mit, man habe sich gestern die Bilder von der letzten Untersuchung angesehen und sich dazu entschieden, mich natürlich gebären zu lassen. Wäre ich heute normal zum Kaiserschnitt gekommen, hätte man mir die Wahl gelassen und mich dann ggf. wieder nach hause geschickt. Ich bin so froh, dass mir das erspart geblieben ist. Wie entscheidet man sowas? Wie hätte ich das den Kids erklären sollen? Und allen, die durch die Kids informiert wurden (und das waren wirklich viele-wahrscheinlich jeder im Dorf).
Umzug in den Kreißsaal
Aber das ist unwichtig. Ich muss also tatsächlich jetzt richtig ackern und war nicht drauf eingestellt. Gleichzeitig geht alles wahnsinnig schnell.
Wir wechseln in einen Kreissaal und ich werde untersucht. Der Muttermund ist ein paar cm auf. Wieviel weiß ich garnicht mehr. Ich quatsche etwas mit der Hebamme. Sie hat bis 6 Uhr Dienst und ist etwas traurig, dass sie die Geburt wahrscheinlich nicht mit erleben wird. Ich meine aber: “das schaffe ich vorher“, aber sie scheint mir nicht zu glauben.

Zwillingsgeburt - nur mit PDA
Die Wehen tun langsam ziemlich weh. Ich soll und will eine PDA bekommen. Die Anästhesistinnen kommen recht flott, sind aber nicht soooo nett. Ich soll einen Katzenbuckel machen, was mir einfach nicht gelingt und darüber scheinen sie sich zu ärgern. Ich hab einen Riesenbauch und mache scheinbar alles falsch. Ungefähr eine halbe Stunde wird in meinem Rücken rumgestochert, aber ohne Erfolg. Ich bin fertig, denn das tut mir wirklich höllisch weh. Es klappt einfach nicht. Man möchte die Anästhesie-Oberärztin rufen, die jedoch eine Stunde brauchen wird. Ich leide also weiter. Ohne PDA. Die ist eigentlich Pflicht bei Zwillingsgeburten. Es kommt einfach zu häufig zu Fällen, in denen eingegriffen werden muss. Und da möchten die Ärzte*innen schnell handeln können.

Mein Muttermund öffnet sich weiter. Eine gefühlte Ewigkeit später kommt die Oberärztin für die PDA. Die Hebamme bereitet schon alles für die Babys vor. So schnell soll das jetzt gehen? Sie untersucht mich. Der Muttermund ist auf. Ich kriege keine PDA mehr und schreie, fluche. „Ich schaff das nicht“, „ich überlebe das nicht“! Vielleicht habe ich auch:“Sie bringen mich um“ gebrüllt. Ich hab die schlimmsten Schmerzen meines Lebens.
Hätte ich vorher gewusst, dass es eine natürliche Geburt werden kann, hätte ich mich mit Hypnobirthing bekannt gemacht. Aber ich war schon lange von einem Kaiserschnitt ausgegangen und hatte keinen Plan B in der Tasche.
Keine PDA - dafür Lachgas
Man berät sich, laut meinem Mann, ewig und schlägt mir Lachgas vor. Ich will das Zeug. Sofort! Ich bekomme eine Atemmaske und fühle mich sofort weiter entfernt. Der Kreissaal ist voll und eine dazu gestoßene Chefärztin sitzt zwischen meinen Beinen. Wegen der Lage der Babies liege ich auf dem Rücken. Irgendwer legt meine Beine in diese Stützen, wie bei Gynäkolog*innen. Ich bekomme eine Wehe. Ich will pressen.
Nummer 1 kommt auf die Welt
Ich schreie und werde dann freundlich zum einatmen aufgefordert. Ich atme Lachgas ein und presse und dann ist er da. Nummer Eins kommt um 4:57 Uhr mit dem Popo zuerst, mit 2790 g auf die Welt.
Ich spüre eine kurze Erleichterung, bekomme mein Baby gezeigt, mein Mann nabelt ab. Er wird im gleichen Raum von einem jungen Kinderarzt untersucht. mein Mann begleitet ihn. Dieser Moment ist für mich wirklich sehr wichtig. Ich hab Angst davor, dass die kleinen auf die Intensivstation müssen. Das hab ich bei den ersten Zwillingen erlebt und ich möchte das unbedingt vermeiden. Ich bin zu dem Zeitpunkt fast 3 Stunden im Krankenhaus.
Nummer 2 kommt auf die Welt
Eine liebe Ärztin steht neben meinem Kopf und redet beruhigend auf mich ein. Das genieße ich. Ich merke das es weiter geht. Sie gibt mir die Atemmaske zurück. Ich schreie und presse. Mein Mann ist wieder da. Ich presse wieder und Nummer Zwei (2560g) kommt um 5:02 Uhr 3 Stunden vor dem geplanten Kaiserschnitt mit einem Fuß voran, auch in Beckenendlage auf die Welt. Ich nabele ihn selber ab und er wird ebenfalls untersucht.
Beide sind topfit und wir kuscheln zu viert im Kreissaal. Bald sind alle weg, wir genießen die Ruhe und rufen zuhause an. Wir machen Fotos und schicken diese den Geschwistern. Irgendwann kommt die Hebamme und ich scherze:“ich hab doch gesagt, ich schaff das vor 6 Uhr“! Dann kommen wir auf unser Zimmer und mein Mann muss nach Hause. Danke Corona! Nach 2 Nächten verlassen wir das Krankenhaus. Seitdem leben wir das Leben einer Großfamilie mit fünf Kindern und einem Hündchen.
